Mit dem von der Schweiz ratifizierten Übereinkommen der Klimakonferenz 2015 in Paris wird eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius angestrebt. Mehr als 190 Staaten tragen dieses Ziel mit. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen etwa 2/3 der bekannten fossilen Brennstoffreserven im Boden bleiben, was ein grosses Wertberichtigungsrisiko in den Bilanzen der besitzenden Unternehmungen darstellt. Aber auch die Bewertung der Firmen und Zulieferern in der Förder-, Transport-, Veredelungs-, Lagerungs- und Feinverteilungskette der Brennstoffe und der Hersteller von Fahrzeugen und Maschinen, die auf der Verbrennung von fossilen Brennstoffen basieren, drohen erhebliche Abwertungsrisiken.

Das Pariser Klimaabkommen von 2015 verlangt auch von allen Finanzdienstleistern, dass sie ihre Investitionen und Finanzflüsse mit dem Ziel einer maximalen globalen Klimaerwärmung von 1.5 bis maximal 2 Grad in Einklang bringen. Gemäss einer Studie des Bundes bewegen sich die Schweizer Finanzbranche und die Pensionskassen mit dem heutigen Investitionsverhalten allerdings auf einem Klimapfad, welcher eine globale Erwärmung von 4 bis 6 Grad unterstützt. Die Schweiz ist mit ihrem bedeutenden Finanzplatz besonders prädestiniert, aktiv zu werden. Nachhaltige Investitionen sind einige der wenigen Aktivitäten, mit denen die Schweiz auch im Ausland grosse Wirkung erzielen kann.

Verantwortungsbewusste Investoren berücksichtigen in ihrer Strategie und ihren Investmententscheidungen Faktoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung, welche einen wesentlichen Einfluss zur langfristigen Risikominimierung haben. Der Begriff «ESG» ist international in Unternehmen wie auch in der Finanzwelt etabliert, um auszudrücken, ob und wie bei Firmenanalysen von Finanzdienstleistern ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte sowie die Art der Unternehmensführung beachtet beziehungsweise bewertet werden.

Die öffentliche Hand ist ein wichtiger Investor. So hat der Kanton Thurgau über 100 Millionen Franken Kapitalanlagen und seine Anstalten (GVTG, EKT, Spital Thurgau, TKB) kommen auf über eine Milliarde Franken.

Bei den selbstständigen Anstalten und den Mehrheitsbeteiligungen des Kantons ist die Einflussnahme auf Investitionsentscheide erschwert. Über die Anpassung von Eigentümerstrategien besteht aber auch in diesen Fällen Handlungsspielraum.

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass nachhaltige Fonds gerade so gut oder gar noch besser abschneiden als die durchschnittliche Kursentwicklung an den Börsen. Und das gute Abschneiden ist kein Zufall. Ein sparsamer Verbrauch von natürlichen Ressourcen ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern lohnt sich auch finanziell. Umweltbewusste Firmen profitieren von einem besseren Image. Und Fachleute gehen davon aus, dass solche Firmen in der Regel ein intelligentes Management haben, welches Probleme vorausschauend lösen kann. Ein Unternehmen sei umso erfolgreicher, als die Beziehung mit der Wirtschaft, der Umwelt und der Gesellschaft ausgewogen sei.

Der Regierungsrat wird ersucht, die nachfolgenden Fragen zu beantworten:

  1. Ist der Regierungsrat bereit, sich dafür einzusetzen, dass kantonale Kapitalanlagen (Finanzanlagen, Darlehen, Beteiligungen) gemäss den Kriterien der Nachhaltigkeit investiert werden? Dabei sind anerkannte Standards aus den Bereichen Umwelt, Soziale und gute Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance, «ESG») zu verwenden. Z.B. die unabhängige Ratingagentur «Inrate» berät Unternehmen bei der Bildung von nachhaltigen Portfolios unter Berücksichtigung ethischer, ökologischer und sozialer Kriterien. Zu berücksichtigen sind Kaptalanlagen des Kantons, seiner Anstalten und seiner Beteiligungen.
  2. Ist der Regierungsrat bereit, entsprechende Richtlinien für eigene Anlagen zu erarbeiten?
  3. Ist der Regierungsrat bereit, die Eigentümerstrategien der EKT, der TKB, der Spital Thurgau AG und der GVTG so anzupassen, dass diese ihre Anlagen auf Nachhaltigkeit ausrichten und in den Geschäftsberichten entsprechend darüber informieren?
  4. Kann die PK Thurgau zur Durchführung eines Klimaverträglichkeitstest auf Basis des BAFU-Pilottests (Tool «Paris Agreement Capital Transition Assessment») verpflichtet werden, ihr Vermögen längerfristig in ethisch-ökologische Geldanlagen zu investieren und ein entsprechendes Anlagereglement zu erstellen?
  5. Kann die PK Thurgau verpflichtet werden, ihren Versicherten über den Anteil und über die Kriterien ihrer ethisch-ökologischen Anlagen, Auskunft zu geben und im Geschäftsbericht über die Klimaverträglichkeit ihrer Anlagen zu informieren? Und wie kann das umgesetzt werden?
  6. Ist der Regierungsrat bereit, mit der Stiftung Ethos zusammen die Aktionärsrechte der Kapitalanlagen im Sinne der Thurgauer Bevölkerung an den Generalversammlungen zu bewirtschaften?

IN-NachhaltigInvestieren2019(pdf)