10. Juni 2021, 15 Uhr

Ich spreche zu zwei Minderheiten, die ich hier vertrete, zu den Artikeln 40a und 43c.
Zu Artikel 40a mit dem neuen Absatz 2bis: Um das Ziel des Bundesrates von netto null bis 2050 zu erreichen, brauchen wir Vorbilder, brauchen wir Pioniere und brauchen wir eine hohe Dynamik. Absatz 2bis will deshalb Unternehmen, die bereits bis 2029 die Vorgaben von netto null Treibhausgasemissionen erfüllen, finanziell mit Mitteln aus dem Klimafonds AB 2020 N 858 / BO 2020 N 858 belohnen; maximal ist eine Summe von 25 Millionen Franken vorgesehen. Der neu vorgeschlagene Bonus für Unternehmen, die eine Emissionsreduktion auf netto null umsetzen, soll die aktuelle mentale Blockade überwinden und ambitionierte Reduktionen finanziell attraktiver machen. „Early movers“ sind in möglichst allen Branchen als Kompetenzen aufzubauen, und Nachahmer sind zu stimulieren.
Eine solche positive Dynamik ist nicht nur äusserst wünschenswert im Hinblick auf die klimapolitischen Ziele, sondern schafft auch neue Innovationschancen. Das Angebot an Baustoffen und Haustechnikanlagen, die bereits heute klimaverträglich produziert werden, wird damit steigen. Der Markt wird sich bewegen.
Seien wir doch froh, wenn sich solche Pionierunternehmen finden lassen, und unterstützen wir diese! Pioniere sind nämlich häufig die Leidtragenden; sie erproben neue Technologien, bevor diese in der Förderlandschaft ankommen. Machen wir es hier für einmal anders: Unterstützen Sie diese Minderheit!
Zur Minderheit in Artikel 43c: Es geht hier um finanzielle Risiken. Gemäss Artikel 43c sollen auch grosse Unternehmen und Finanzinstitute ihre klimabedingten finanziellen Risiken offenlegen müssen. Sie wissen: Das Pariser Abkommen verlangt, dass Finanzströme mit einer CO2-armen Wirtschaftsentwicklung vereinbar sein müssen. Die CO2-Emissionen aus Investitionen, Krediten und Versicherungsdienstleistungen von Schweizer Finanzakteuren dürften über zwanzigmal so hoch sein wie die CO2-Emissionen der Schweiz. Wir haben hier einen gewaltigen Hebel, den wir auch international nutzen können. Der Klimawandel ist zudem auch finanziell ein grosses Risiko, weshalb Klimarisiken heutzutage eigentlich zum guten Risikomanagement dazugehören.
Was läuft im Ausland? Besonders im europäischen Raum gab es in den letzten Jahren wichtige gesetzgeberische Entwicklungen bezüglich der Umlenkung der Finanzflüsse. Es ist deshalb zentral, dass auch für Schweizer Finanzinstitute konkrete Massnahmen bezüglich deren Klimagaswirkungen, -risiken und -opportunitäten gesetzlich festgeschrieben werden. Die Schweiz gerät bereits heute zunehmend ins Hintertreffen. Der Artikel ist relativ moderat formuliert. Es sollen nämlich nur grosse Unternehmen einbezogen werden, damit der administrative Aufwand im Rahmen bleibt. „Gross“ wird hier im Absatz so definiert, dass sowohl der Umsatz grösser als 500 Millionen Franken ist als auch die Anzahl Mitarbeitender über 500 liegt. Damit werden kleinere Unternehmen wie z. B. kleinere Kantonalbanken von der Pflicht befreit. Die Grössenregelung entspricht übrigens genau der Regelung, wie sie in der EU gilt.
Artikel 43c Absatz 2 scheint mir sehr wichtig, regelt er doch, dass der Bund Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Ausserordentlich wichtig ist dieser Absatz auch deshalb, weil wir heute tatsächlich ein wildes Durcheinander von Methoden und Standards haben. Darum können wir die einzelnen Institute auch nicht miteinander vergleichen. Diese Tatsache unterstreicht auch die Finma. Von daher ist dieser Artikel absolut nötig, auch als Basis für künftige finanzpolitische Massnahmen.
Ich bitte Sie deshalb, diesem Minderheitsantrag zuzustimmen.

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9. Juni 2020

Im Block 1 kommen wir schon zum Kern des CO2-Gesetzes. Es geht um die Zielsetzungen, und es geht um die Frage, wohin die Schweiz bei der Klimapolitik gehen soll. Wollen wir einen Klimaschutz, der diesen Namen verdient? Oder etwas konkreter: Wollen wir wenigstens einen Schritt in Richtung Pariser Abkommen machen, ein Abkommen, zu dem wir uns alle verpflichtet haben?
Mit dem Pariser Abkommen steht jedes Land in der Verantwortung, seinen Teil beizusteuern. Die aktuelle Politik der Schweiz steuert aber auf ein weltweites 3- bis 4-Grad-Szenario hin. In der Schweiz steigt die Erwärmung überdurchschnittlich, wir steuern hier sogar ein 6-Grad-Szenario an. Wenn nicht die Schweiz als reiches Land, als Land mit kompetenten Wissenschaftern und stabilem politischen System voranschreitet, wer dann? Mehrere europäische Staaten und unsere wichtigsten Handelspartner setzen wesentlich höhere Verminderungsziele und wollen diese auch vorwiegend mit Massnahmen im Inland erreichen. Massnahmen im Ausland machen höchstens in einer Übergangszeit einen Sinn, denn über kurz oder lang müssen alle Länder die Netto-null-Ziele anstreben, und dann gibt es nichts mehr zu kompensieren.
Aus diesen Gründen sind wir der Meinung, dass die Reduktionsziele eigentlich vollumfänglich im Inland zu verfolgen wären. Unterstützen Sie hier deshalb den Antrag der Minderheit Girod.
Noch etwas zum Antrag der Minderheit Jauslin zu Artikel 7a, den wir ablehnen: Die Verminderung nach dem Stand der Technik gilt gemäss Umweltschutzgesetz ohnehin, es ist aber wichtig, dass sie hier trotzdem erwähnt wird. Sie gilt für neue Anlagen und wesentliche Änderungen, und sie gibt z. B. den Kantonen die Möglichkeit, die Emissionen auf ein Mass zu begrenzen, das technisch und wirtschaftlich tragbar ist.
Im Übrigen werden wir alle Minderheitsanträge aus der SVP-Fraktion ablehnen, die eine Abschwächung des vorliegenden Gesetzes zum Ziel haben.

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10. Juni 2020, 8 Uhr

Das CO2-Ziel für Neuwagenflotten ist die wirkungsvollste Massnahme zur CO2-Reduktion im Verkehr. Da haben wir tatsächlich noch nicht viel erreicht. Der Ausstoss ist immer noch über dem Niveau von 1990. Der Ausstoss der Neuwagen – wir haben das schon gehört – hat 2017 und 2018 sogar zu- anstatt abgenommen.
Die vorgeschlagenen Regelungen mit den Flottenzielen sind wirtschaftskonform. Jede Autokäuferin und jeder Autokäufer kann immer noch frei wählen. Die Regelungen sind nicht nur wirtschaftskonform, sondern auch sozial verträglich. Die Betriebskosten sind bei Elektroautos deutlich tiefer als bei fossilen Fahrzeugen. Personen mit tieferen Einkommen kaufen auch eher kleinere Fahrzeuge. Die Vorlage wird auch die ländlichen Regionen nicht benachteiligen. Wir wissen, dass SUV nachweislich weit mehr in Agglomerationen als in ländlichen Regionen verbreitet sind. Unterstützen Sie also die grünen Minderheiten, damit die CO2-Emissionen in Zukunft auch wirklich abnehmen.
Ich komme noch zu einigen anderen Minderheiten. Bei Artikel 10a gibt es Minderheiten, die die Zielwerte aufweichen möchten. Wir sind uns alle einig, dass die CO2-Emissionen im realen Betrieb beobachtet werden müssen – das sind wir den Kundinnen und Kunden schuldig. Sie kaufen ein Auto mit einer Umweltetikette und stellen dann erstaunt fest, dass der Verbrauch im Fahrbetrieb wesentlich höher ist. Wir lehnen den Minderheitsantrag Jauslin, der hier eine Berücksichtigung der Regelungen in der EU vorsieht, deshalb ab. Die Zielwerte müssen korrigiert werden, sobald erhebliche Differenzen mit den praktischen Werten im Fahrbetrieb festgestellt werden.
Ebenso wehren wir uns gegen die „Swissness“ gemäss den Minderheiten Wobmann. Es kann doch nicht sein, dass wir Zielwerte nur erhöhen, weil wir bisher zu wenig gemacht haben und aus Gründen unseres Wohlstands so viele SUV kaufen.
Dem Minderheitsantrag Bäumle zu Artikel 21 stimmen wir zu, er entspricht dem Beschluss des Ständerates. Wir wehren uns gegen zusätzliche Anreize für fossile Kraftwerke.
Wir werden auch in diesem Block alle Anträge ablehnen, die eine Abschwächung des vorliegenden Gesetzes zum Ziel haben, zum Beispiel den Minderheitsantrag Wasserfallen Christian zu Artikel 27, bei dem es um den maximalen Treibstoffzuschlag geht. Die kleine Erhöhung ist deutlich tiefer als die täglichen Benzinpreisschwankungen.

Ich vertrete hier die Minderheit zu Artikel 38c. Diese geht natürlich ein bisschen in eine andere Richtung als jene, die Herr Jauslin vorhin vertreten hat. Wir sind aber davon überzeugt, dass das, was wir beantragen, möglich, sinnvoll und auch vernünftig ist.
Es geht um die Flugticketabgabe. Die Mehrheit schlägt eine minimale Gebühr von 30 Franken und eine maximale Gebühr von 120 Franken vor. Gemäss Absatz 2 dieses Artikels soll der Bundesrat die Abgabehöhe festlegen, allenfalls gestaffelt nach Beförderungsklasse und Reisedistanz. Im Weiteren soll die Abgabe, wie grundsätzlich eine Lenkungsabgabe, eine Wirkung haben und der Bundesrat bei ihrer Festlegung die Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima berücksichtigen. AB 2020 N 834 / BO 2020 N 834
Wenn man die beiden Absätze so zusammen ansieht, gibt es da einen Widerspruch. Eine gerechte Abstufung nach CO2-Ausstoss ist damit nicht möglich. Um die Ziele, insbesondere bezüglich der Auswirkungen auf das Klima, zu erreichen, ist der Bereich zwischen 30 und 120 Franken zu eng. Unsere Minderheit will dies korrigieren, indem die 30 bis 120 Franken für die tiefste Beförderungsklasse gelten. Für Business- und First-Class-Passagiere sollen also auch höhere Abgaben möglich sein, nämlich proportional zum Klimaeffekt.
Wie Sie wissen, hat der Flugverkehr einen grossen und stetig steigenden Anteil an den Treibhausgasemissionen. Es sind heute bereits 20 Prozent der Emissionen, welche durch den Flugverkehr verursacht werden. Wenn wir keine Massnahmen ergreifen, sind wir in zehn Jahren irgendwo bei der doppelten Menge. Die Flugticketabgabe ist eine Lenkungsabgabe mit Teilzweckbindung analog der CO2-Abgabe auf Brennstoffen, mit der wir ja sehr gute Erfahrungen machen. Verursachergerechtigkeit ist hier das wichtigste Motiv.
Der Antrag der Mehrheit führt jedoch zu einem CO2-Rabatt für Business- und First-Class-Passagiere. Gerade diese Passagiere fliegen selbstgewählt in der Luxusklasse. Sie können also gut höher belastet werden. Ein Langstreckenflug von Zürich nach Tokio in der Economyclass verursacht gut fünfmal so viel CO2 wie ein Kurzstreckenflug von Zürich nach London. In der Businessclass ist der CO2-Ausstoss wegen grosszügiger Bestuhlung und dem zusätzlich mitgeführten Gewicht fast doppelt, in der First Class sogar dreimal so hoch. Das heisst, der höchste Ansatz müsste mindestens zehnmal so hoch sein wie der tiefste.
Genau diesen Sachverhalt haben auch Professoren an Uni und ETH Lausanne kürzlich veröffentlicht. Sie haben die ganze Preissensibilität untersucht und nachgewiesen, wie hoch diese Abgaben in etwa sein müssten. Die Forscher haben berechnet, dass die Abgabe für die Businessclass im Langstreckenbereich etwa 350 Franken betragen müsste, wenn man es mit den bestehenden CO2-Abgaben vergleicht.
Man kommt übrigens auf ähnliche Resultate, wenn man das Ganze mit dem Autofahren vergleicht. Würde der Flugverkehr gleich stark besteuert wie das Reisen mit dem Personenwagen durch die schweizerische Mineralölsteuer, wäre ein Flug Zürich-New York in der Economyclass mit 310 Franken pro Ticket und in der Businessclass mit gut 900 Franken zu belasten. Es ist nicht so, dass die anderen Länder da nichts machen. Grossbritannien und Frankreich haben Flugticketabgaben eingeführt, bei denen im Verhältnis zum CO2-Ausstoss die Business- und First-Class-Passagiere stärker belastet werden. Denn gerade für diese preissensiblen Kunden ist eine Lenkungswirkung sonst schwieriger zu erreichen.
Eine Lenkungsabgabe mit dem Antrag der Mehrheit so auszugestalten, dass die Lenkungswirkung je nach Buchungsklasse unterschiedlich ausfällt, ist ökonomisch und wegen der Gleichberechtigung auch verfassungsrechtlich etwas fragwürdig. Mit der Zustimmung zur Minderheit können Sie diesen Mangel korrigieren.
Noch ein grundsätzliches Wort: Es wird immer wieder Corsia erwähnt. Ich nehme an, Sie wissen alle, dass Corsia eine sehr geringe Wirkung hat. Bei Corsia wird lediglich das Wachstum zusätzlich belastet, und zwar mit geringeren Abgaben, als wir sie hier beantragen.

Ja, es gibt gewisse Länder, die darüber diskutieren. Ich stelle hingegen auch fest, dass gerade Deutschland und Frankreich darüber diskutieren, die Ticketabgabe sogar wieder zu erhöhen. Über kurz oder lang, davon bin ich überzeugt, müssen alle davon ausgehen, dass auch der Luftverkehr einen Beitrag an den Klimaschutz leisten muss. Da werden alle auf diese Flugticketabgabe oder ähnliche Systeme kommen.

Ich glaube, Herr Girod hat das schon erklärt. Es geht um 8 Prozent der Abflüge auf diesem Flughafen; 92 Prozent der Abflüge unterstehen schweizerischem Recht. Ich bin auch der Meinung, dass es nicht sein kann, dass wir wegen diesen absolut geringen Zahlen dieses System nicht einführen. Ich bin überzeugt, dass sich auch Frankreich noch anpassen wird.

Sie haben die Unterlagen doch studiert. Im Gesetz ist es eindeutig geregelt: Es geht um eine Flugticketabgabe für Abflüge nach schweizerischem Recht. Gemäss aktueller Rechtsauffassung, auch seitens unserer Verwaltung, ist man davon überzeugt, dass man diese Flugticketabgabe für den schweizerischen Teil in Basel-Mülhausen problemlos einführen kann.

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10. September 2020

Ich kann es nur wiederholen: Nun sind wir endlich auf der Zielgeraden. Das Parlament hat die ungenügende Vorlage des Bundesrates in den letzten eineinhalb Jahren deutlich verbessert. In Bezug auf die Nachhaltigkeit ist dieses Gesetz ein sehr gescheites Gesetz. Für die Umwelt bringt es eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 50 Prozent, davon 75 Prozent im Inland. Für die Wirtschaft und das Gewerbe stehen finanzielle Mittel von rund einer Milliarde Franken zur Verfügung. Diese können für Gebäudesanierungen eingesetzt werden, Heizungsersatz und technologische Entwicklungen.
Ausserdem ist das Gesetz sozial verträglich. Der durchschnittliche Schweizer Haushalt spart bei den Energiekosten bis zu 1000 Franken pro Jahr, dies dank den eingebauten Rückverteilungen und den geringeren Energiekosten.
Das Gesetz ist auch ausgewogen. Die wichtigsten CO2-relevanten Bereiche sind einbezogen: die Gebäude, der Verkehr und auch die Industrie. Neu haben wir nämlich eine Flugticket- und eine vermutlich einzigartige Privatflugabgabe. Wir haben Absenkpfade für die Emissionen der Gebäude und Fahrzeuge. Wir haben eine Erhöhung der äusserst erfolgreichen CO2-Abgabe. Wir haben einen Klimafonds, der Innovationen unterstützt und die Schweiz technologisch vorwärtsbringt. Erstmals ist zudem der Finanzsektor, wenn auch in sehr bescheidenem Rahmen, einbezogen.
Das Gesetz ist ein erster Schritt zur Erfüllung des Pariser Abkommens. Das ist das Positive. Gleichzeitig sehen Sie, dass die Klimajugend auf die Strasse geht und wesentlich strengere Massnahmen fordert. Dessen sind wir uns bewusst, und wir alle hier im Saal müssen die Forderungen der Jugend ernst nehmen. Das heisst, für netto null braucht es weitere Schritte. Zum einen müssen wir rascher vorangehen und rascher umsetzen, zum anderen müssen wir weitere Bereiche wie den Landwirtschaftssektor einbeziehen. Zudem braucht es im Finanzsektor effektive Massnahmen und nicht nur Absichtserklärungen.
Diese nächsten Schritte müssen wir in dieser Legislatur aufgleisen. Deshalb ist es wichtig, dass wir das Gesetz unter Dach und Fach bringen – und das sollte uns heute gelingen.

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