Eine gesetzliche Regelung des Recyclings von Schiffen. Die Schweiz muss ihre soziale und ökologische Verantwortung übernehmen
Motion von Lisa Mazzone vom 9. März 2021
Votum von Kurt Egger
Es geht hier um das Recycling von Hochseeschiffen. Der Bundesrat möchte keine gesetzliche Regelung, und der Bundesrat will auch nicht die Hongkong-Konvention unterzeichnen. Wir sind mit diesem Antrag des Bundesrates auf Ablehnung der Motion nicht einverstanden und halten am Antrag auf Annahme fest.
Die Schweiz hat die Vereinbarung von Hongkong über das sichere und umweltfreundliche Recycling von Schiffen nicht unterzeichnet. Die Schweiz verfügt in diesem Bereich auch über keinerlei eigene Gesetzgebungen. Aus diesem Grund sind die Anforderungen an das Recycling der maritimen Handelsflotte völlig unklar. Die Schweiz ist aber nicht das erste Land, das sich mit diesem Thema beschäftigt. Die EU hat eine Verordnung über das Recycling von Schiffen in Kraft gesetzt, in der soziale und ökologische Mindestanforderungen definiert sind. An dieser Verordnung sollten wir uns orientieren.
Laut einer kürzlich durchgeführten Studie wurden in den vergangenen zehn Jahren neunzig Schweizer Schiffe in Werften des südlichen Asiens – Indiens, Pakistans und Bangladeschs – abgewrackt. Diese Werften halten sich an keinerlei soziale und ökologische Grundsätze. Die Menschen arbeiten dauernd in Lebensgefahr. In diesem Abwrackgeschäft gibt es im Verhältnis mehr Tote als im Bergbau – es gibt also mehr Tote im „shipwrecking“ als im Bergbau. Hier muss die Schweiz ihre soziale und ökologische Verantwortung wahrnehmen.
1989 hat die Schweiz das Basler Übereinkommen ratifiziert. Dieses regelt die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Das gilt auch für Schiffe, die für Mensch und Umwelt hochgiftige Substanzen transportieren. Leider umgehen die Reedereien dieses Abkommen, indem sie den Hafenbehörden ihre Absicht verschweigen, das Schiff zu entsorgen, oder indem sie unter der Flagge eines Landes mit weniger strengen Regeln fahren.
Genau aus diesem Grund hat die EU beschlossen, Massnahmen zu ergreifen, und daran könnte sich die Schweiz orientieren. Die Regelung der EU sieht unter anderem ein amtliches Register für Werften vor, in denen Schiffe auf für Arbeiter und Umwelt sichere Weise abgewrackt werden dürfen. Die Regelung enthält auch Vorschriften zur fachlichen Ausbildung für die mit dem Abwracken des Schiffes beauftragten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie zur Dokumentation aller Zwischenfälle und Unfälle. Die EU verbietet auch die umstrittene Praktik der Strandung und legt Anforderungen an den Umgang mit toxischen Abfällen und an den Arbeitsschutz fest.
Neben den internationalen Vorkehrungen, nämlich der Annahme des Übereinkommens von Hongkong, muss die Schweiz auch nationale Vorschriften erlassen, um ihre soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen. Nur so lässt sich die nahezu systematische Umgehung des von der Schweiz ratifizierten Basler Übereinkommens verhindern.
Der Bundesrat schreibt, dass er sich der Problematik der teilweise prekären Arbeitsbedingungen sowie der möglichen Belastungen für die Umwelt bewusst ist. Er schreibt auch, dass das Schweizerische Seeschifffahrtsamt den Schweizer Reedern eine Empfehlung abgeben wird. Das ist vielleicht inzwischen schon geschehen, da dieser Vorstoss vor einiger Zeit eingereicht wurde. Der Bundesrat unterstützt auch die Stossrichtung der Hongkong-Konvention. Der Bundesrat wird deshalb, so schreibt er, „den Beitritt zur Hongkong-Konvention prüfen, sobald eine grössere Zahl wichtiger maritimer Staaten sie ratifiziert hat und die Schweiz zum Inkrafttreten beitragen kann“. Aus unserer Sicht gibt es aber überhaupt keinen Grund, dieser Konvention nicht bereits heute beizutreten.
Ich bitte Sie, die Motion anzunehmen.